Im Förderzentrum Süd, Standort Monheim, waren die Sinne gefragt. 01. Oktober 2019

Der ganz normale Tag der Weik-Stiftung war Teil einer Projektwoche.

Monheim/Langenfeld (jste). „Erst klettert ihr auf den Sattel, dann wird euch die Augenbinde (Schlafbrille) umgetan. Hier könnt ihr die Füße abstellen, oder, wer groß genug ist, darf auch mittreten.“ Tandempilot Günter Erven gibt eine kurze Anleitung für das Mitfahren auf dem Tandem als Sozius mit verbundenen Augen, das zeigen soll, wie man sich als „Blinder“ fühlt.

Der Schüler D. (10) sagt nach der Tandemfahrt: „Das war sehr spannend. Du musst Vertrauen haben, sonst wäre das nicht möglich, und Selbstvertrauen.“ Schülerin L. meinte: „Das war schon cool, man konnte nichts sehen, da muss man schon bisschen mutig sein.“

Es ist der „ganz normale Tag“ der E & B Weik-Stiftung im Förderzentrum Süd des Kreises Mettmann, Standort Monheim. 97 Schüler/innen sind voll dabei, wenn es darum geht, sensibel auf Menschen mit körperlichen Einschränkungen zu reagieren. „Unsere Schule wird von Kindern besucht, die in den Förderschwerpunkten Lernen, Sprache, soziale/emotionale Entwicklung unterstützt werden müssen“, berichtet Diplom-Heilpädagogin Michaela Pöschl, die diesen Tag mit dem 20-köpfigen Pädagogenteam vorbereitet hat. Es gebe eine Eingangsklasse und danach die Klassen 1-4, sodass die Kinder die Schule fünf Jahre lang besuchen.

„Der ganz normale Tag ist Teil unserer Projektwoche für die Sinne“, ergänzt Pöschl.

Klaus Bembennek betreut die Station „Laufen mit dem Blindenstock“. „Mit beiden Händen an den Stock greifen, dann eine Bewegung machen wie ein Scheibenwischer, also hin und her über den Boden fahren, nur so könnt ihr die Hindernisse finden“, erklärt er vorab. Dann erhalten je zwei Kinder eine Schlafbrille, um als „Blinde“ einen Parcours abzugehen. „Der Blindenstock ist das Auge des Blinden“, sagt Bembennek.

Auf einer anderen Station erklärt Josef Groß die Gebärdensprache, mit der sich gehörlose Menschen verständigen können. „Super macht ihr das“, lobt er die Kinder, die eifrig die Bewegungen mit Fingern und Armen nachmachen, die einzelnen Buchstaben „gebärden“. „Und wie applaudieren Gehörlose?“ fragt er in die Runde, hebt die Arme und dreht die offenen Hände ganz schnell hin und her. Weitere Übungen sind, mit dem Rollstuhl fahren, mit Gehhilfen laufen, mit Gewichtswesten als „Übergewichtige“ rennen und klettern.

Der blinde Manfred Glasmacher zeigt, wie blinde Menschen im Alltag zurechtkommen, welche Hilfsmittel sie haben, wie sie sich in der Wohnung zurechtfinden. Heute ist seine „Abschiedsvorstellung“, Glasmacher war seit Beginn des „ganz normalen Tages“ 2006 immer dabei. „Ich zeige den Kindern, was ich täglich brauche, wie ich Geldmünzen und –scheine erkenne, mit dem Zollstock messen kann und mein sprechendes Farberkennungsgerät benutze“, zählt er auf. „Es war eine schöne Zeit im Team der Weik-Stiftung.“ Neu im Team ist Ulrika Fiebrandt. „Wenn ich schaue, ist das wie durch eine beschlagene Scheibe“, erklärt sie ihre Sehbehinderung. „Fülle ich ein Glas mit Wasser, dann halte ich oben einen Finger ins Glas, und wenn er nass wird, höre ich auf zu gießen.“ Sie könne ganz viel auch als Blinde machen, eine Küchenwaage benutzen, Gemüse schneiden, die Wohnung saugen. Beide Blinde zeigen auch die Verwendung der Braille- oder Blindenschrift, lesen vor und schreiben auf der speziellen Blindenschreibmaschine die Vornamen der Kinder. Am Ende dieses „normalen Tages“ dankt Michaela Pöschl dem Weik-Team und allen Helfern. „Das möchten wir gern wiederholen.“